Buch 10: Atheistische Anthologie

Literaturgeschichte des Atheismus mit Originaltexten und Buchverweisen

Diskurs 10.991.1


Schulz, Paul.
Sieben Leitlinien für ein Denken und Leben ohne Gott (2006)

(1) Der Text aus   CODEX ATHEOS. DIE KRAFT DES ATHEISMUS (2006):

Paul Schulz
Sieben Leitlinien
für ein Denken und Leben ohne Gott

Der Atheismus ist eine fantastische Leistung des denkenden Menschen, denn

Dr. Paul Schulz

Codex Atheos

1.
In seinem Denken ohne Gott befreit sich der Mensch mit letzter Konsequenz aus einer wie auch immer behaupteten transzendenten Welt. Der Mensch erreicht damit ein Bewusstsein, mit dem er ganz im Diesseitigen steht.

2.
Mit einem Diesseits ohne Gott löst sich der Mensch aus allen religiösen Vorstellungen eines Lebens nach dem Tod, auch von der Furcht vor einem Weltgericht Gottes über die Menschen am Ende der Welt. Er anerkennt den Tod als den ganz natürlichen Abschluss des menschlichen Lebens für immer. Das Leben vor dem Tod wird dadurch zur einzigen Realität einer individuellen Existenz.

3.
Durch die Loslösung von Gott als der höchsten religiösen Autorität setzt sich der Mensch zugleich frei von der größtmöglichen Fremdbestimmung. Indem er sich herausnimmt aus göttlicher Bevormundung, entwickelt er sich zu einem sich selbst bestimmenden und verantwortenden Individuum.

4.
Ohne göttliche Fremdbestimmung hebt der Mensch die Letztgültigkeit aller religiösen Begründungen, Gebote, Kontrollen, Sinngebungen, Versprechungen auf. In dem Maße, in dem für ihn göttliche Direktiven keine Gültigkeit mehr haben, wird ihm das Leben fassbar als eine völlig auf sich selbst gestellte Existenz. Der  Mensch lernt, in größtmöglicher Eigenverantwortung zu denken und als autonomer Mensch zu leben.

5.
Mit einem Selbstverständnis, in dem Gott keine Bedeutung hat, nimmt der Mensch das Leben in seiner radikalsten Herausforderung an. Er begreift, dass ein Sinn des Lebens nicht von einer göttlichen Instanz gesetzt ist, sondern dass alle Sinngebung, alle – auch religiösen – Werte, Gebote, Gesetze vom Menschen selber gemacht sind. Sinn seines Daseins gibt es für den Menschen nur, wenn der Mensch selbstverantwortlich solche Wertsetzungen schafft und umsetzt, die individuell und generell Lebenssinn ermöglichen.

6.
Mit „atheistischer Selbstverantwortung“ anerkennt der Mensch das Leben als eine humane Herausforderung. Leben das vom Menschen nicht positiv gelebt wird, geht ersatzlos verloren. Für Verelendung, Ungerechtigkeit, Benachteiligung, Entbehrungen und Leiden gibt es keinen himmlischen Ausgleich. Ein von einem Atheisten selbst verantworteter persönlicher Lebensentwurf hat deshalb zum Ziel, alles aus dem irdischen Leben herauszuholen, was dem Menschen lebenswert erscheint.

7.
Mit „atheistischer Weltverantwortung“ weiß sich der Mensch in die Pflicht genommen, angesichts vielfältigen Scheiterns seine ganze Kraft einzusetzen gegen generelle Verelendung, Ungerechtigkeit, Benachteiligungen, Entbehrungen und Leiden des Menschen. Den Menschen hilft dabei kein Gott. Den Menschen helfen nur verantwortungsbewusst handelnde Menschen.

Die höchste Verantwortungsform de Atheismus ist deshalb eine größtmögliche Humanität.

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(2) Der Autor:   Paul Schulz

Geboren am 29. August 1937 in  Frankfurt / Oder.

(3) Der Textort:   CODEX ATHEOS. DIE KRAFT DES ATHEISMUS

Geschrieben 1976

(4) Texthinweise:

(5) Textrezeption: